Die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) und
die Produzentenvereinigung film20 hatten am Dienstag, den 17.12.2002 in Berlin
zu einem Parlamentarischen Abend geladen und boten Mitgliedern des Rechts-,
Wirtschafts- und Kulturausschusses des Bundestages Einblicke in die
Kinofilm-Piraterie mit ihren immensen Schäden für einen ganzen Wirtschaftszweig.
Gleichzeitig warben SPIO und film20 bei den Parlamentariern um Unterstützung der
Filmwirtschaft bei der Nachbesserung des Schutzes für den Kinofilm im
vorliegenden Regierungsentwurf für die Umsetzung der EURichtlinie „Urheberrecht
in der Informationsgesellschaft“ in deutsches Recht.
Jan Scharringhausen
von der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen präsentierte
eine Schreckensbilanz: Dass schon der neue Bond-Film illegal im Internet zum
Download angeboten wird, sei nur die Spitze des Eisberges und zeige, wie sehr
Kinos und Filmindustrie schon heute von der Piraterie bedroht sind – auch wenn
Downloadzeiten von bis zu zwei Tagen dem Missbrauch derzeit noch gewisse
technische Grenzen setzen, wächst die Bedrohung in Zeiten von Flatrate und DSL
rasant. Die Schäden bei der Medienwirtschaft gehen in die Milliarden: Das
Marktforschungsinstitut Forrester Research hat weltweit 5,16 Milliarden illegal
getauschte Dateien im Jahr 2001 gezählt, die Zuwachs-Prognosen für den
Missbrauch in den nächsten Jahre sind dreistellig! Allein der deutschen
Filmwirtschaft sind 2001 14% des Umsatzes, nämlich 298 Mio. Euro, durch
Piraterie entgangen, so die GVU, für 2002 rechnet sie mit weit über 300 Mio.
Euro.
Piraterie und der Missbrauch digitaler Kopien für eine
Durchbrechung der in der Branche vereinbarten und auch gesetzlich anerkannten
exklusiven Verwertungskette für Kinofilme „gefährdet die Filmbranche und auch
die Kinos im ganzen Land existenziell“, so Johannes Klingsporn (Verband der
Filmverleiher). Deshalb fordern SPIO und film20 mehr staatlichen Schutz für die
Filmwirtschaft im vorgelegten Regierungsentwurf. Die Kernforderungen
sind:
- Die reaktionsschnelle Schließung illegaler Angebote muss möglich
sein, deshalb: Selbständiger Auskunfts- und Unterlassungsanspruch! - Nicht
alles, was kopiert werden kann, darf kopiert werden, deshalb: Abgestufte
Erlaubnis der digitalen Privatkopie und ausschließlich von legalen Quellen!
- Effektiver Rechtsschutz, deshalb: Rechtsverfolgung von
Umgehungstechnologien! - Freiwillige Vereinbarungen statt Zwangsmaßnahmen,
deshalb: Durchsetzung von Schrankenregelungen und Ausnahmen für
Filmwerke!
Margarete Evers (AG Spielfilm) unterstrich, dass das
Konsumenteninteresse an der Privatkopie nur akzeptiert werden könne, wenn diese
ausschließlich von legalen Quellen erlaubt sei und das Gesetz einen engen
Korridor für deren Nutzung festlege. Johannes Kreile (Bundesverband Deutscher
Fernsehproduzenten) betonte, dass auch die Anhebung des Vergütungsanspruchs bei
der Kopie von legalen Quellen ins Auge gefasst werden
müsste.
Übereinstimmend wurde von Abgeordneten und Vertretern der
Filmwirtschaft festgestellt, dass die digitale Piraterie für den Film zu einer
derartigen wirtschaftlichen, aber auch kulturellen Bedrohung führe, dass in dem
anstehenden Gesetzgebungsverfahren unbedingt auf Ausnahmeregelungen für die
Filmindustrie zu achten sei. Für die Möglichkeit einer breiten Debatte und
Begründung hierfür machten sich eine Reihe von Abgeordneten des
Rechtsausschusses stark: Sie wollen im Januar eine große öffentliche Anhörung
zum Gesetzentwurf „Urheberrecht in der Informationsgesellschaft“ durchführen. In
einem vorangegangenen Gespräch hatte Justizministerin Brigitte Zypries auch
bereits Interesse an einer Anhörung und Änderungsbedarf bei einzelnen Punkten
des Gesetzentwurfs signalisiert.
Zum Schluss der Veranstaltung wies
Georgia Tornow (film20) mit Blick auf die aktuelle Steuerkrise des Staates
darauf hin, dass in einer Zukunftsindustrie wie dem Medienbereich Steuereffekte
nur mit legalen Produkten und nicht von einem boomenden Schwarzmarkt zu
erreichen wären. Ihre Mahnung an die Abgeordneten: „No taxation without
legalization!“
Berlin, Wiesbaden 18. Dezember 2002
Georgia
Tornow Generalsekretärin film20
Christiane von
Wahlert Geschäftsführerin SPIO
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